- Unterkärntner Nachrichten -
- 24. Juli 2002 -
- Mavo -

'Die Belagerung'
auf der Heunburg


Der britische Autor Howard Barker
war interessierter Besucher der
deutschsprachigen Fassung seines
Dramas in der anspruchsvollen
Produktion von k.l.a.s. und über-
zeugte sich von der Umsetzung
des 'Theaters der Katastrophe',
das dem Publikum mittels poetischer
Sprache das Recht auf eigene Inter-
pretation zugesteht und durch den
Handlungsverlauf auch abverlangt.

k.l.a.s. setzt im zehnten Bestandsjahr konsequent den eingeschlagenen Weg fort, an einem außergewöhnlichen Spielort mit dem alternativen Programmangebot den Kärntner Theatersommer zu bereichern. Seit dem Jahr 1995 haben über 30.000 Besucher die 149 Veranstaltungen wie Theater, Lesungen, Konzerte und Installationen auf der Heunburg besucht. Der Standort, die einmalige Kulisse des historischen Bauwerks, der Aufstieg durch das Burgtor in den Innenhof und der mehrgeschossige revitalisierte Palas als Einheit von Bühne und Zuschauerraum, bieten eine ganz besondere Atmosphäre, in der die Verbundenheit von Schauspielern und Publikum durch das Schließen des Treppenaufgangs noch unterstrichen wird.

Der ideale Rahmen für Howard Barkers 'A Hard Heart - Die Belagerung'. Das von Reinhard Taurer geschaffene Bühnenbild stellt mit 5 Säulen und 2 Pulten, im Halbrund von einem raumhohen roten Vorhang umgeben, die Schauspieler und den Text in den Vordergrund. In der Lichtgestaltung von Stefan Pfeistlinger, dem künstlerischen Leiter von k.l.a.s., werden die Figuren in den Mittelpunkt gesetzt und die verschiedenen Schauplätze in der belagerten Stadt angedeutet. Die Musik und die Geräuschkulissen von Herwig Zamernik und Stefan Deisenberger geben dem Geschehen den akustischen Rahmen und bringen vor allem in der Tempelszene die räumliche Weite klanglich zum Ausdruck. Die Kostüme von Andrea Hölzl spiegeln die gesellschaftliche Hierarchie wider, wobei die Maske von Beate Lentsch-Bayerl die Dramatik des Handlungsverlaufes unterstreicht.

Die Inszenierung von Augustin Jagg beschränkt sich auf 6 Personen mit den vielsagenden und tiefsinnigen Namen der Charaktere. Daniela Gaets gibt der rätselhaften Riddler als Protagonistin jene glaubwürdige Überheblichkeit, die dem hartherzigen Genie zugestanden wird. Evelyn Fuchs stellt als Königin Praxis die Werte einer kultivierten Welt ausdrucksvoll dar, zerbricht jedoch am blinden Vertrauen auf die Fähigkeiten der krankhaft ehrgeizigen Strategin Riddler. Bernhard Karner bringt als Riddlers Sohn Attila den ewigen Drang der Jugend zur Veränderung ein. Bernhard Majcen gibt als Militärkommandant Plevna dem getreuen Befehlsempfänger betont menschliche Züge. Andreas Puehringer als Landstreicher Seemore ist in seiner weisen Geduld der kongeniale Gegenpol zur gottähnlichen Strategin Riddler, die in ihrer vermeintlichen Unfehlbarkeit letztlich an ihm zerbricht. Bettina Reifschneider verkörpert eindrucksvoll als Mutter eines gefallenen Sohnes die wirklichen Opfer jeglicher politischer oder kriegerischer Auseinandersetzungen.

Belagerung und Fall einer Stadt, ein Szenario, das in jeder Epoche und in jedem Land geschehen kann. Der Theaterbesucher wird Parallelen finden, denn in der Übersetzung von Hilde Berger kommen die verborgenen Spannungen im Kern jeder sozialen Ordnung durch die Sprache an die Oberfläche. So werden in dem Stück alle kulturellen Werte geopfert, die Zerstörung wird durch den dramatischen Fall des roten Vorhangs bildlich umgesetzt. Sarkastisch meint Riddler: 'Aber noch haben wir unseren Kopf. Das ist doch das Territorium, das wir verteidigen. Was wir im Kopf haben, kann wiederhergestellt werden. Was wir sind, ist in unserem Kopf!' Hier trifft die Dramaturgie von Beate Schneider in der deutschsprachigen Fassung eine der Maximen des Autors Howard Barker: Kunst ist nicht verdaulich. Sie ist vielmehr eine Reizung des Bewusstseins, wie das Sandkorn in den Eingeweiden der Auster. Und das setzt k.l.a.s. auf der Heunburg hervorragend um.