Die Tragödie des Macbeth 

Die genaue Entstehungszeit von Macbeth ist unbekannt, es wird aber angenommen, dass das Stück nicht vor 1603 entstanden sein kann, dem Jahr, in dem König James VI. von Schottland die Nachfolge Elisabeths 1. antrat und ihr als James 1. auf den englischen Thron folgte. Dies mag Shakespeare inspiriert haben, sich zu Ehren des neuen Königs der schottischen Geschichte anzunehmen und in dieser das Haus Stuart, dem James angehörte, in ein positives Licht zu rücken gilt doch Banquo, obwohl historisch keineswegs gesichert, als Urvater der Stuarts. Ebenfalls für diese Annahme spricht, dass James bekannt für sein großes Interesse an Hexen war und selbst ein Buch über das Hexenwesen verfasst hatte, sodass die Hexenszenen durchaus auch als Reverenz des Dichters an den König verstanden werden konnten. Die Uraufführung von Macbeth wird meist auf 1606 datiert, sehr wahrscheinlich handelte es sich hier um eine Aufführung in Hampton Court, bei der König James zugegen war. Es ist daher denkbar, dass Shakespeare die Tragödie eigens für diesen Anlass geschrieben und so mit seiner Truppe, den von James protegierten "King‘s Men", den neuen König ehren konnte.

Macbeth liegt nicht als Quarto-Ausgabe vor, der Abdruck in der Folio-Ausgabe von 1623, der ersten Gesamtausgabe der Dramentexte Shakespeares, ist die einzige überlieferte Fassung. In dieser finden sich an etlichen Stellen orthographische Fehler und inhaltliche Unstimmigkeiten, das Metrum ist nicht immer durchgehalten, der Textumfang füllt mit ungefähr 2000 Zeilen geringer aus als der anderer Dramen Shakespeares, sie enthält zudem Passagen, deren Urheber sich nicht eindeutig bestimmen lässt und die möglicherweise nicht von Shakespeare verfasst worden sind. Oft wird daher die vorliegende Textgestalt von Macbeth nur als eine gekürzte und bearbeitete Version eines ursprünglich viel längeren, in sich stimmigeren Originals interpretiert.

Eine erste, recht freie Prosa-Übertragung ins Deutsche unternimmt im 18. Jahrhundert Christoph Martin Wieland. Durch die auf seiner Übersetzung basierende Aufführung (1771 in Biberach) wird Macbeth im deutschen Sprachraum bekannt und findet recht schnell Eingang ins Repertoire zahlreicher Theater. Dabei entstehen weitere Übertragungen des Textes ins Deutsche, die meist sehr eigenmächtig mit Sprache und Inhalt des englischen Originals umgehen und eher als Bearbeitungen denn als Übersetzungen zu bewerten sind. Eine interessante Bearbeitung, die 1800 von Goethe in Weimar zur Aufführung gebracht wird, stammt von Friedrich Schiller. Ganz der Klassik verpflichtet deutet er zwar Macbeth als edlen, durchaus mit starken Skrupeln behafteten Charakter um, behält aber zum ersten Mal in der Übersetzungsgeschichte mit dem Blankvers das von Shakespeare verwendete Metrum bei.

Übersetzungen im engeren Sinne, in denen der Versuch unternommen wird, Inhalt und Sprache des Originals zu wahren, finden sich erst im 19. Jahrhundert. 1833 legt Dorothea Tieck eine vielbeachtete Übersetzung vor, die bis heute Verwendung findet und aufgeführt wird. 1972 nimmt sich Heiner Müller des Macbeth-Stoffes an und hält in seiner Bearbeitung der modernen Gesellschaft kritisch einen Spiegel vor. Knapp 20 Jahre später legt Thomas Brasch eine Übersetzung in ein zeitgenössisches Deutsch vor, die Inhalt und Tonfall des Originals beibehält. 1995 erscheint die Übersetzung von Frank Günther, der 2009 seine Neuübersetzung des gesamten dramatischen Werkes von Shakespeare abschließen wird.

Über die Jahrhunderte hält das Interesse an Shakespeares Tragödie an - die zahllosen dramatischen Nachdichtungen und Übersetzungen, musikalischen Bearbeitungen und filmischen Adaptionen fürs Kino sind Zeugnis der Faszination, die bis heute von der Figur des Macbeth ausgeht.


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